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Projekt - Wien 2

Der "Anschluss" Österreichs und Thomas Bernhards "Heldenplatz" am historischen Schauplatz


Inhalt:

1. Anfahrt

2. Einführung in das Thema

3. Methodisch-didaktische Anmerkungen

4. Literatur

5. Materialien zum Download


1. Anfahrt

Der Heldenplatz ist zu Fuß vom Stephansplatz/Graben her durch die Hofburg erreichbar; günstige U-Bahn Haltestellen sind:

  • U2 Haltestelle Museumsquartier (über den Maria-Theresien-Platz durch das Äussere Burgtor)
  • beeindruckender und daher empfehlenswerter:  U2 Haltestelle Rathaus (am Burgtheater vorbei, durch den Volksgarten, vom Theseustempel geradeaus auf die Neue Hofburg zu halten)

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2. Einführung in das Thema

Im "Bedenkjahr" 1988, 50 Jahre nach dem "Anschluss" Österreichs an das Dritte Reich, bestellt der damalige Burgtheaterdirektor Claus Peymann bei Thomas Bernhard das spätere Stück "Heldenplatz". Der Titel stellt die Verbindung her zwischen dem Inhalt des Stückes und dem Schauplatz österreichischer Geschichte.

 

Foto: Privatbesitz

Zur Baugeschichte 

Der Heldenplatz ist ein Teil des gescheiterten Projekts "Kaiserforum", das die Erweiterung der Hofburg um zwei Flügel sowie die Errichtung des Kunst- u. Naturhistorischen Museums als Gesamtensemble vorgesehen hatte. Von Kaiser Franz Joseph I. 1870 genehmigt, zogen sich die Arbeiten am ersten neuen Flügel der Hofburg bis 1913 hin, der zweite wurde nicht mehr begonnen. Die Intention des Heldenplatzes wird deutlich an den beiden Reiterstandbildern, entworfen von Anton Dominik Fernkorn. Das Denkmal Erzherzog Karls (1860), dem Sieger über Napoleon bei Aspern, feiert die militärischen Erfolge der Dynastie in den Befreiungskriegen, das Denkmal Prinz Eugens (1865) würdigt den Sieger in den Türkenkriegen. Ihre Errichtung fällt in Zeiten habsburgischer Niederlagen: die Errichtung des Monuments für Erzherzog Karl wird wegen der Niederlage bei Solferino 1859 um ein Jahr verschoben; das Monument Prinz Eugens wird kurz vor der Niederlage von Königgrätz 1866 errichtet. Die Daten 1859/60 und 1866 verweisen auf den historischen Kontext: der Heldenplatz ist ein Beispiel habsburgischer Repräsentationsarchitektur in der Zeit des aufkommenden Nationalismus unter den Völkern der Monarchie. Er dient der Darstellung der habsburgischen Idee von Österreich, wie sie von den geplanten Kunst- und Naturhistorischen Museen und der Hofburg mit ihren Erweiterungsbauten und eben dem Heldenplatz als Ort der militärischen Erinnerung verkörpert hätte werden sollen.

Der Heldenplatz und der Anschluss Österreichs

Der "Anschlussgedanke" ist ein integraler Bestandteil des österreichischen Deutschnationalismus, der ideologischen Heimat Hitlers. Zwar verbieten die Verträge von St.Germain (1919) den Anschluss Deutsch-Österreichs an das Deutsche Reich, trotzdem aber steht die Idee zwischen 1918 und 1938 immer im Raum. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten errichtet der christlichsoziale Kanzler Engelbert Dollfuß den sog. Ständestaat. Bei der Abschaffung der parlamentarischen Demokratie wird auch die Sozialdemokratie im Februar 1934 unter bürgerkriegsartigen Umständen ausgeschaltet. Die Politik der Unabhängigkeit wird Staatsdoktrin, die NSDAP wird in Österreich verboten. 1934 wird Dollfuß bei einem Putschversuch der NSDAP ermordet. Nachdem Mussolini, der bisher die Unabhängigkeit Österreichs garantiert hatte, sich aufgrund des Abessinienfeldzuges 1935 auf der Suche nach Bündnispartnern an Hitler annähert, findet sich Dollfuß’ Nachfolger Kurt von Schuschnigg ohne Garantien für die Unabhängigkeit wieder. In der Folge wird die Handlungsfähigkeit Österreichs außen- und innenpolitisch immer weiter eingeengt. 1936 verpflichtet sich Österreich, seine Außenpolitik im Sinne des Dritten Reiches zu führen. Anfang Februar 1938 zwingt Hitler Schuschnigg bei einem Treffen auf dem Berghof, österreichische Nationalsozialisten in sein Kabinett aufzunehmen. Bei Nichterfüllung seiner Forderungen droht Hitler mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich. Schuschnigg beruft u. a. Arthur Seyss-Inquart als neuen Innenminister. Als Hitler von Schuschniggs Plan einer Volksabstimmung über die österreichische Unabhängigkeit für Ende März erfährt, befiehlt er den Einmarsch der Wehrmacht, der am 11. März beginnt und am 15. März 1938 seinen Abschluss findet in der Kundgebung Hitlers auf dem Heldenplatz und der "Vollzugsmeldung" vor der deutschen Geschichte.

Thomas Bernhard, "Heldenplatz"

Die Handlung des Stückes ist eng verknüpft mit dem 15. März 1938. Der 1938 aus Wien nach Oxford emigrierte jüdische Professor Josef Schuster verübt nach seiner Rückkehr nach Wien 1988 Selbstmord. Sein Bruder, Professor Robert Schuster, raisoniert auf dem Weg vom Begräbnis zur Wohnung seines Bruders
in der Nachbarschaft des Heldenplatzes sowie beim anschließenden Leichenschmaus über die Gründe dieses Selbstmordes. Zur Sprache kommen dabei die politischen Verhältnisse in der Zweiten Republik sowie der latente österreichische Antisemitismus. Das Stück endet mit dem plötzlichen Tod der Witwe Professor
Schusters, die von den "Sieg Heil!"-Rufen der Menge vom 15. März 1938 immer noch verfolgt wird.

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3. Methodisch-didaktische Anmerkungen

Der Anschluss Österreichs stellt im Geschichtsunterricht nur einen Unterpunkt der Außenpolitik des Dritten Reiches dar oder wird im Zusammenhang mit Hitlers Kriegspolitik genannt. Die österreichische Innenpolitik der Zwischenkriegszeit und besonders die Phase von 1933-1938, d. h. die Politik des "Ständestaates" unter den Kanzlern Engelbert Dollfuß und Kurt von Schuschnigg gegenüber dem Dritten Reich wird nicht thematisiert. Daher soll die Materialauswahl die österreichische Perspektive auf die Entwicklung hin auf den Anschluss andeuten. Hitler gibt sowohl in "Mein Kampf", als auch eben am 15. März 1938 Einblick in die Ideologie, mit der er den Anschluss rechtfertigen will. Thomas Bernhards Stück "Heldenplatz" dient in diesem Zusammenhang als historische Quelle, als Kommentar zum Österreich von 1988. Ausgewählte Passagen sollen die Beurteilung der österreichischen politischen und mentalitätsgeschichtlichen Situation 50 Jahre nach dem "Anschluss" illustrieren.

Das Thema stellt an die Schülerinnen und Schüler sehr hohe Anforderungen und sollte daher bereits im Vorfeld der Exkursion fundiert vorbereitet werden. Für eine sinnvolle inhaltliche und problemorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema ist es daher notwendig, im Geschichtsunterricht (Neigungsfach) die ereignisgeschichtliche Grundlage der NS-Anschlusspolitik zu legen. Zusätzlich werden vier thematische Komplexe an Expertengruppen vergeben, die sich durch eigene Recherche in das jeweilige Thema einarbeiten: 

  1. habsburgische Repräsentationsarchitektur: Heldenplatz und Hofburg; 
  2. der österreichische Ständestaat; 
  3. Die ideologische Rechtfertigung des Anschlusses; 
  4. Das Österreichbild in Thomas Bernhards „Heldenplatz“.

Auf dem Heldenplatz selbst werden die vier Themenfelder unter folgende Leitfragen gestellt: 

  1. Warum wählt Hitler für seine „Vollzugsmeldung“ am 15.3.1938 gerade diesen Ort?
  2. Warum wählt Thomas Bernhard den Titel „Heldenplatz“?

Die Expertengruppen erhalten ca. eine halbe Stunde Zeit, um sich anhand der ausgegebenen Materialien und ihrer Vorkenntnisse auf dem Platz auf eine Präsentation ihrer Ergebnisse vorzubereiten. Die Gruppen treffen sich nach Ablauf der Zeit am Reiterstandbild Prinz Eugen (Bei starker Sonneneinstrahlung ist es ratsam, sich an der Treppe zur Hofburg im Schatten zu treffen). Nach Abschluss der einzelnen Präsentationen sollten in einer Diskussion die Leitfragen noch einmal aufgegriffen und im Plenum beantwortet werden. 

Alternativ zu dieser Verfahrensweise ist auch denkbar, vom Namen des „Heldenplatzes“ auszugehen unter folgender Leitfrage: Warum schafft sich die Habsburgische Monarchie einen „Heldenplatz“ und, welche „Helden“ kann das habsburgische Österreich aufweisen? Die Brücke zum „Anschluss“ schlägt die Frage, aus welchen Gründen Hitler ausgerechnet diesen Platz wählt, schließlich wären auch andere Orte in Wien denkbar gewesen, etwa der Platz vor dem Parlament. Wie auch im ersten Vorschlag sollten sich die Schüler bereits bspw. über Prinz Eugen von Savoyen und Erzherzog Karl von Österreich-Teschen informiert haben, so dass diese Personen in kurzen Referaten (max. 10 Min.) biographisch vorgestellt werden können. Dabei bietet es sich an, die Referate auch örtlich von einander abzusetzen, d. h. vom Referat über Erzherzog Karl an seinem Denkmal über eine Station am Denkmal Prinz Eugens mit Referat zum Balkon der Hofburg fortzuschreiten, auf dem Hitler seine „Vollzugsmeldung“ verkündet hat. 

Als Alternative zu einem Besuch des „Heldenplatzes“ bzw. als Ausweichprogramm empfiehlt sich ein Besuch der „Geistlichen und weltlichen Schatzkammer“ in der Hofburg. Speziell die „Weltliche Schatzkammer“ ist hinsichtlich der Exponate geeignet, in Form eines Quiz erschlossen zu werden, denkbar wären Fragen zu Heraldik u. ä. Selbstverständlich sollte auch die Reichskrone bzw. die Reichsinsignien entsprechend gewürdigt werden. Die „Schatzkammer“ ist täglich von 10-18 Uhr geöffnet (Dienstags Ruhetag).

Vorschläge für Arbeitsaufträge

  1. Erläutert anhand der baulichen u. dekorativen Elemente von Heldenplatz und Hofburg die Symbolik des Platzes.
  2. Erläutert anhand der Materialien Elemente die Idee von Österreich in der Ideologie des Ständestaates.
  3. Erläutert Hitlers Österreichbild und seine ideologische Rechtfertigung des Anschlusses.
  4. Erläutert das Bild, das der Professor Robert vom Österreich des Jahres 1988 entwirft.

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4. Literatur

  • Thomas Bernhard, Heldenplatz, suhrkamp, Frankfurt/M., 1995
  • Gordon Brook-Sheperd, Der Anschluß, Styria, 1968
  • Gerhard Jagschitz, Der österreichische Ständestaat 1934-1938, in: Erika Weinzierl und Kurt Skalnik (Hrsg.), Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik, Bd.1, Graz, Styria, 1983, S.497-515
  • Walter Kleindel, Österreich. Daten zur Geschichte und Kultur, Wien, Ueberreuter, 1978
  • Christian Neuhold u. Ed Handberg, Hofburg. Das Herz Österreichs, Wien, J u. V Edition, 1989
  • Norbert Schausberger, Der Anschluß, in: Erika Weinzierl und Kurt Skalnik (Hrsg.), Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik, Bd.1, Graz, Styria, 1983, S.517-52

Filmclips, Ton- und Bildmaterial zu Österreich im Ständestaat und Dritten Reich:

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5. Materialien zum Download

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